Evolution der Biosynthesewege 

Evolution der Biosynthesewege
 

Unabhängige Evolution der Benzoxazinoide bei Angiospermen

Matilde Florean, Susan Schlüter, Hedwig Schulz

Benzoxazinoide (BXDs) bilden eine Klasse von Indol-abgeleiteten pflanzlichen Abwehrstoffen, die sporadisch in einer Reihe von entfernt verwandten Pflanzenordnungen vorkommen. Jahrzehntelange Forschung an Gräsern hat zur vollständigen Aufklärung des BXD-Stoffwechsels in dieser Monokotyledonen-Familie geführt; die Biosynthese von BXDs in Eudikotyledonen ist jedoch noch unklar. Mit Hilfe eines Metabolom- und Transkriptom-gesteuerten Ansatzes in Kombination mit der heterologen Expression von Kandidatengenen in Nicotiana benthamiana haben wir den gesamten BXD-Stoffwechselweg in zwei Eudicot-Arten aufgeklärt. Diese Arbeit hat gezeigt, dass BXDs mindestens dreimal unabhängig voneinander im Pflanzenreich entstanden sind, sowohl durch parallele als auch durch konvergente evolutionäre Ereignisse. Wir untersuchen nun die Bildung von BXDs in mehreren anderen Eudikotyledonen, um tiefere Einblicke in die Mechanismen der Evolution von Stoffwechselwegen in Pflanzen zu gewinnen.
 

Entwicklung künstlicher Stoffwechselwege

Susan Schlüter, Matilde Florean

Chemische Modifizierungen, wie z. B. das Hinzufügen von Halogen-Atomen, können die pharmakologischen Eigenschaften von Naturstoffen verbessern. Derartige Veränderungen erfordern jedoch häufig komplexe Gesamtsynthesen. Der Aufbau künstlicher Synthesewege unter Verwendung von Enzymen mit breiter Substratspezifität ermöglicht die direkte und kostengünstige Herstellung modifizierter Naturstoffe in Pflanzen. Wir haben damit begonnen, das Potenzial dieses Ansatzes am Beispiel von Benzoxazinoiden (BXDs) zu untersuchen, indem wir eine bakterielle Halogenase, eine bakterielle Tryptophan-Lyase und verschiedene BXD-Gene in der heterologen Wirtspflanze Nicotiana benthamiana ko-exprimieren. Als Nächstes werden wir dieses System optimieren, indem wir einzelne Enzymaktivitäten gezielt steuern und die Versorgung mit biosynthetischen Vorläufern verbessern, um die Ausbeute an halogenierten BXDs zu erhöhen.
 

Iridoid-Biosynthese in Blattläusen und Ameisen

Gabriel Titchiner, Maithili Datta

In Pflanzen und Insekten weit verbreitete Iridoid-Monoterpene haben viele ökologische Funktionen. Während die Biosynthese von Iridoiden in Pflanzen ausgiebig untersucht wurde, ist wenig darüber bekannt, wie Insekten diese Naturstoffe synthetisieren. Wir haben damit begonnen, die Biosynthese von Iridoiden in Blattläusen zu untersuchen, wo sie als Sexualpheromone wirken. Die Aufklärung des Iridoid-Synthesewegs in der Erbsenblattlaus Acyrthosiphon pisum hat gezeigt, dass sich Iridoide unabhängig voneinander in Pflanzen und Insekten entwickelt haben.

Derzeit untersuchen wir die Faktoren, die für die unterschiedliche Stereoselektivität der Iridoidwege bei A. pisum und der Hopfenblattlaus Phorodon humuli verantwortlich sind. Auch Ameisen produzieren Iridoide, höchstwahrscheinlich als Abwehr- und Alarmpheromone. So produzieren beispielsweise die argentinische Ameise Linepithema humile und die australische Fleischameise Iridomyrmex purpureus Iridomyrmecin bzw. cis,trans-Iridodial. Die Sequenzierung der Transkriptome dieser Arten ergab, dass die Ameisen keine Gene besitzen, die den Iridoid-Genen von Blattläusen ähneln. Wir untersuchen nun den Iridoid-Syntheseweg in L. humile und I. purpureus, um zu verstehen, wie sich Iridoide in diesen Insekten entwickelt haben.
 

Bildung und Funktion von Terpenoiden bei der klonalen Räuberameise

Tobias Köllner, Tim Zetsche, Projekt in enger Zusammenarbeit mit Yuko Ulrich

In den letzten Jahren hat sich die klonale Räuberameise Oocerae biroi als Modellsystem für die Untersuchung verschiedener Aspekte des Sozialverhaltens bei Insekten etabliert. Wir konnten zeigen, dass O. biroi eine komplexe Mischung flüchtiger Verbindungen produziert, die wahrscheinlich als Pheromone wirken. Eine der dominierenden Verbindungen wurde als (Z,E)-α-Homofarnesen identifiziert, und die Sequenzierung des Transkriptoms der Dufour-Drüse, dem Ort der Terpenproduktion bei dieser Art, ergab Kandidatengene für die Biosynthese von Homofarnesen und anderen Terpenen.

Indem wir diese Gene mit einem CRISPR-Cas-System ausschalten, werden wir

I) die In-vivo-Funktion der Enzyme, für die sie kodieren, nachweisen und
II) die Rolle der (Homo)terpene als Signale für das Sozialverhalten dieser Ameise untersuchen.
 

Biosynthese von Terpenoiden und Alkaloiden bei Käfern und Ameisen

Ryan Alam, Angeliki Stathaki, Matilde Florean, Gabriel Titchiner

Die Biosynthese von Naturstoffen in Pflanzen, Pilzen und Bakterien ist seit Jahrzehnten Gegenstand intensiver Forschung. Obwohl auch Insekten ein reiches Arsenal solcher Verbindungen produzieren, ist über ihre Biosynthese praktisch nichts bekannt. Die Identifizierung und Charakterisierung von Enzymen, die an der Biosynthese von Naturstoffen in Insekten beteiligt sind, wird nicht nur dazu beitragen, die Entwicklung und Rolle dieser Verbindungen zu verstehen, sondern auch die Möglichkeit bieten, interessante und neuartige Enzyme für biotechnologische Anwendungen zu entdecken. Unser Ziel ist es, die Bildung von Terpenoiden und Alkaloiden in verschiedenen Käfern und Ameisen zu untersuchen. Wir etablieren derzeit ein Insekten-Zellkultur-System als heterologen Wirt für die gleichzeitige Expression von Genen, die für ganze Naturstoff-Biosynthesewege kodieren.

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