Chemie der Insekt-Mikroben-Interaktionen

Chemie der Insekt-Mikroben-Interaktionen

Dr. Tobias Engl und seine Arbeitsgruppe

Wie alle Tiere können auch Insekten mit verschiedenen Mikroorganismen in einer mutualistischen oder antagonistischen Weise interagieren. Wir interessieren uns für die ökologischen, evolutionären und funktionellen Aspekte dieser symbiotischen Beziehungen in verschiedenen Insektengruppen, insbesondere Coleoptera und Hymenoptera.

Molekulare Integration von Ernährungssymbionten

Eine erstaunliche Anzahl von Getreideschädlingskäfern lebt in symbiotischen Verbindungen mit Bakterien oder Hefen, die ihren Wirt mit Nährstoffen wie Aminosäuren und Vitaminen versorgen. Die Kutikula stellt die primäre Abwehr eines Insekts gegen natürliche Feinde und abiotische Stressfaktoren dar und wird bei vielen Käfern durch eine symbiotische Ergänzung von aromatischen Aminosäurevorstufen beeinflusst. Insbesondere Bacteroidetes-Bakterien, die auch als lebenswichtige Symbionten der Blattidae und Auchenorrhyncha bekannt sind, wurden vor kurzem als ein vorherrschender Symbiont mehrerer Käferfamilien beschrieben, darunter die Bostrichidae, Silvanidae und Throscidae. Wir konnten zeigen, dass diese Symbiose die Kutikelsynthese unterstützt und damit einen signifikanten Einfluss auf das Überleben und die Etablierung der Käfer hat. Die symbiotisch verstärkte Kutikula wirkt sich nicht nur positiv auf die Abwehr von Fressfeinden und Pathogenen aus, sondern auch auf die Austrocknungsresistenz in ihren meist trockenen Habitaten. Allerdings stellt dieser Beitrag auch eine Schwachstelle für diese Käfer dar. Der Symbiont ist sehr empfindlich gegenüber erhöhten Temperaturen, Antibiotika, aber auch dem agronomisch eingesetzten Herbizid Glyphosat. Wir untersuchen die Ökologie und Evolution dieser Symbiosen, mit einem zusätzlichen Fokus auf die funktionelle Integration und Kontrolle der Symbionten in den Wirtsstoffwechsel, insbesondere in Fällen, in denen zwei oder mehr Symbionten komplementäre oder redundante Beiträge liefern. Zu diesem Zweck setzen wir modernste molekulare und bildgebende Techniken ein, insbesondere Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung und Mikro-Computertomographie, Genom-, Transkriptom- und chemische Analysen, experimentelle Manipulation der Symbiose und verschiedene Bioassays.

Involvierte Wissenschaftler: Soumi Bhattacharyya (Doktorandin), Dongik Chang (Doktorandin), Camila Fiori Perreira (Doktorandin), Nomthandazo Kanyile (Doktorandin), Jürgen Wierz (Doktorand)

Antimikrobielle Abwehrstrategien

Unsere Arbeiten zur Chemie antagonistischer Insekten-Mikroben-Interaktionen konzentrieren sich nicht nur auf symbiontische, sondern auch auf wirtseigene Verbindungen, die über das klassische Immunsystem hinausgehen, sowie auf in der Umwelt erworbene Verbindungen. Wir konzentrieren uns auf die Frage, wie bodennistende Hymenopteren, z.B. einheimische Solitärbienen, oder die nordamerikanische Alkalibiene Nomia melanderi, mit schädlichen Bodenmikroben umgehen. Besonders gut untersucht sind die Abwehrstrategien des Europäischen Bienenwolfs Philanthus triangulum. Dazu gehören die wirtseigene antimikrobielle Begasung über Stickstoffmonoxid und defensive Streptomyces-Symbionten, die sowohl Nahrungsvorräte als auch die juvenilen Lebensstadien vor schädlichen Schimmelpilzen schützen. Bienenwölfe sterilisieren ihre Brutzelle mit Stickoxid, einem hochreaktiven Radikal, das nicht nur das Schimmelwachstum unterdrückt, sondern auch einen hohen Druck auf den Symbionten ausübt. Die Symbionten wiederum bieten Schutz während der Überwinterung der Larven und der Metamorphose, indem sie den Kokon mit einem konservierten Cocktail von Antibiotika imprägnieren, der als Kombinationsprophylaxe gegen Bodenschimmelpilze dient. Wir wollen die physiologische Reaktion der Symbionten auf die wiederholte Stickoxid-Exposition sowie die evolutionären Konsequenzen der Anpassung an diese anspruchsvolle Lebensweise aufklären. Weiterhin interessiert uns der langfristige Einsatz des prophylaktischen Antibiotika-Cocktails in einem natürlichen System. Wie unterscheidet sich die Diversität und Variabilität in einer solchen natürlichen Mischung zwischen verschiedenen Bienenwolfarten? Weiterhin, wie interagieren die verschiedenen Komponenten miteinander, hinsichtlich der Wirksamkeit gegen einzelne Erreger und das gesamte Spektrum der gehemmten Schimmelpilze. Eingesetzte Techniken sind neben Sequenzierungsansätzen auch chemische Analysen und Hemmungsassays des mikrobiellen Wachstums.

Involvierte Wissenschaftler: Chantal Ingham (Doktorandin, JGU Mainz), Bernal Antonio Matarrita Carranza (Doktorand), Noel Sillo (Kompetenzzentrum Wildbienen)

 

Kollaborationen

Neben einer Reihe von Forschenden innerhalb der Abteilung werden diese Projekte in Zusammenarbeit mit folgenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern durchgeführt:

  • Abdelaziz Heddi, Anna Zaidmann, Severine Balmand, BF2I, INSA Lyon
  • Aurélien Vigneron, Université Lyon
  • Jean Keller, Université Toulouse
  • Julian Kiefer, MPI for Marine Microbiology Bremen
  • Rayko Halitschke, Massenpektrometrie, MPI-CE Jena
  • Veit Grabe, Mikroskopie, MPI-CE Jena
  • Petri Turunen, Sandra Ritz, Microscopy Core Facility, IMB Mainz
  • Vincent G. Martinson, University of New Mexico
  • Philipp Bauer, LTZ Augustenburg / Universität Hohenheim
  • Cornel Adler, JKI Berlin
  • Karen Kapheim, Utah State University
  • Takema Fukatsu, AIST Tsukuba
  • Erhard Strohm, Universität Regensburg
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